“(…) eine Stadt, in der Menschen leben, die neugierig auf die wieder gefundene Zeit sind, die reich ist an Plätzen, Theatern, Geschäften, Cafés, Restaurants, Orten voller Geist, ursprünglichen Landschaften, faszinierender Handwerkskunst, wo der Mensch noch das Langsame anerkennt, den Wechsel der Jahreszeiten, die Echtheit der Produkte und die Spontaneität der Bräuche genießt, den Geschmack und die Gesundheit achtet (…)” Auszug aus dem Cittàslow-Manifest.
Wir schreiben das Jahr 1986. Der Plan für ein Fastfood-Restaurant direkt an der Spanischen Treppe in Rom war ein Auslöser. Eine Gruppe engagierter Journalisten der Tageszeitung „Il manifesto“ taten sich zu einer spektakulären und aus heutiger Sicht, zu einem legendären Protest zusammen. Sie bauten auf der Piazza di Spagna einen Tisch auf und servierten dort Speisen nach italienischer Tradition. Dies beflügelte eine Gruppe traditionsbewusster Italiener*innen aus der Umgebung der piemontesischen Kleinstadt Bra um Carlo Petrini. Es führte 1989 in Paris zur Gründung der internationalen Bewegung “Slow Food”. Die Vereinigung verstand sich als Gegenpart zur schnellen und gedankenlosen Nahrungsaufnahme (Fastfood). Das „Verburgern“ unserer Essgewohnheiten, die Dekadenz unserer Esskultur, die ausufernde industrielle Produktion von Lebensmitteln wurden angeprangert. Gefördert werden sollte die Suche nach einer Lebensqualität am Geschmack und die Qualität der Lebensmittel. Regionale Küche aus regionalem Anbau, das Ganze in Direktvermarktung, war die Devise. Die Bewegung genießt 29 Jahre später weltweites Ansehen. Für den Zukunftsforscher Matthias Horx ist “Slow Food” weiterhin ein Mega-Trend, der unsere Zukunft prägen wird. Heute ist biologischer Anbau die Wachstumssparte in der Landwirtschaft und Trends wie “saisonale Küche”, “bewusstes Essen” “Nachhaltigkeit” sind im Alltag angekommen.
„Slow – Entschleunigung“ lautete ab den 90ger Jahren vielerorts die Devise. Aber wie und vor allem wo, waren Fragestellungen die einer schlüssigen Antwort bedurften. 1999 folgte im italienischen Orvieto der nächste Schritt. Die Slow Food-Bewegung und das Bauernnetzwerk Terra Madre gründeten auf Initiative des damaligen Bürgermeisters von Greve im Chianti, Paolo Saturnini, ein Netzwerk, das sich heute über 30 Länder erstreckt und etwa 250 Kommunen als „Cittàslow“ (ital. Città = Stadt, engl. Slow = langsam), also langsame Städte ausweist. “Unsere Städte drohen gleichförmig zu werden. Sie verlieren ihre Identität, ihre Seele” diese Aussage Saturninis zeigen seine Beweggründe. Die Überlegung bei Gründung des Netzwerkes war zudem eine konstruktive Skepsis in Bezug auf die hemmungslose Globalisierung. Die Welt ist durch die Globalisierung „kleiner“ geworden. Sie bietet Möglichkeiten zum nahezu endlosen Austausch und zur Verbreitung von Waren und Dienstleistungen aller Art. Gerade dies bedingt, dass Unterschiede zwischen Regionen verflachen und die eigenen typischen Besonderheiten verdeckt werden. Vermassung und Vereinheitlichung sind angesagt. Sie führt daher zur Abstumpfung und zum Identitätsverlust. Das Netzwerk ist eine Art lokale Gegenbewegung hierzu geworden. Was „Bio“ für Lebensmittel und „Öko“ fürs Handwerk, ist „Cittàslow“ für Kommunen: ein internationales Siegel für naturnahes Wirtschaften.
Dem Netzwerk kann man unter bestimmten, klar definierten Bedingungen beitreten. Die Kommunen müssen ihren Bürgern eine verbindliche Lebensqualität bieten, eine nachhaltige Umweltpolitik betreiben, die kulturellen Wurzeln bewahren, die eigene Geschichte als Entwicklungspotential sehen, die regionalen Stärken gezielt fördern, die Solidarwirtschaft unterstützen und die Gastfreundschaft pflegen. Der Blick über den eigenen Tellerrand und die internationale Vernetzung sind weitere wichtige Elemente. Eine Cittàslow wird man aber nicht zum Nulltarif. Lippenbekenntnisse reichen nicht aus, es wird schon ein echtes Engagement für die Leitlinien erwartet und regelmäßig werden die beteiligten Gemeinden überprüft.
Das Logo der Vereinigung wurde an jenes von Slow Food angelehnt – eine Schnecke. Cittàslow und Schnecke stehen nicht für Langsamkeit im platten Sinne des Wortes. Cittàslow und Schnecke stehen für Kreativität und Bürgerengagement, für Sinnhaftigkeit und Sinnlichkeit, für Nachhaltigkeit und für lebens- und liebenswerte Gemeinden, sie stehen für das gute Leben. Dies alles ist keineswegs konservativer Lokalpatriotismus, es geht um Weltoffenheit, Gastfreundschaft, Fortschritt und Zukunftsfähigkeit.
Nicht uninteressant ist, dass die Initiative kommunale Anstöße in der hierzulande notwendigen Wachstumsdebatte geben könnte. Passt eine kommunale Cittàslow-Strategie in die Überlegungen der Rifkin-Studie einer „Dritten industriellen Revolution“ für Luxemburg? Energie, Mobilität, Ernährung, Stadtentwicklung oder Kreislaufwirtschaft wären hier im Rifkin-Zusammenhang Themen von spannender kommunaler Bedeutung.
Der Wirtschaftsgeograph Daniel Anthes ist überzeugt: „Die Verbindung von lokaler Tradition und kulturellem Erbe mit modernem Zeitgeist und Innovation wird immer häufiger zum Erfolgsrezept einer nachhaltigen Stadtentwicklung“. Das Netzwerk Cittàslow ist hierfür ein wichtiger Baustein.
Wie kann, ja sollte man Slowfood und Cittàslow heute 20, 30 Jahre nach ihrer Gründung einordnen? Der unvergessliche Roger Willemsen hielt im Juli 2015 „seine Zukunftsrede“. Es war eine scharfe Analyse eines außergewöhnlichen Menschen. Sie war Grundlage für ein geplantes letztes Buch „Wer wir waren“. Es sollte die Versäumnisse der Gegenwart aus der Perspektive derjenigen erzählen, die nach uns leben werden. „Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, voller Informationen, aber ohne Erkenntnis, randvoll mit Wissen, aber mager an Erfahrung. So gingen wir, von uns selbst nicht aufgehalten.“ Willemsen hielt bei seinem letzten öffentlichen Auftritt ein leidenschaftliches Plädoyer für eine „Abspaltung aus der Rasanz der Zeit“. Ein furioser Aufruf an die nächste Generation sich nicht einverstanden zu erklären.
Previously reserved for towns and cities with fewer than 50,000 people, the Cittaslow organisation’s slow city concept is now attracting interest from the world’s largest metropolises
The industrial city of Wenzhou, China, (population two million) is currently known for its rapid development as an economic hub, but some residents hope it may someday be known as a “slow city”.
Recently, a delegation of Wenzhou citizens visited the Tuscany headquarters of Cittaslow, an organisation credited with starting the slow cities movement. The delegation was concerned about the side effects of a hyper, fast-paced life and wanted to learn more about how living slow might preserve cultural heritage in China. The delegation visited local markets and artisans’ studios, including a shop where the Italian art of handmade shoes is still practiced. The artisans they met emphasised the role Cittaslow has played in preserving the value of crafts, like shoemaking, that are only possible with a great deal of time invested and a strong local economy.
The United Nation projects that nearly 70 percent of the world’s population will live in cities by 2050. And indeed, the industrial and economic hubs of the world may be the last places that evoke ideas about living slow. But with inevitable population growth in urban areas on the horizon, many city governments are trying to make their communities more enjoyable to live in and less destructive to the environment.
The beginning of slow cities
Cittaslow grew out of Slow Food, a local food movement founded in 1986 to counter the rise of fast food in Italy. Thirteen years later, Cittaslow became a way to expand Slow Food concepts.
“The ‘slow’ philosophy is applied to not only what you eat and drink, but to all aspects of life in a town,” said Paolo Saturnini, Cittaslow’s founder.
“Slow city principles stress the importance of things like eating local, in-season food, shopping at locally owned businesses, and preserving cultural heritage.”
Saturnini created the organisation when he was mayor of Greve, in Chianti, to push back against globalisation and preserve the unique treasures of Tuscany. He was inspired by interactions he saw in Italian piazzas, like the market the delegation from Wenzhou recently visited. He saw value to what happens when people come together face to face, catch up, relax, and take in their surroundings.
Slow city principles stress the importance of things like eating local, in-season food, shopping at locally owned businesses, and preserving cultural heritage and small-operation craftsmanship. Supporters of the movement also emphasise the value of a life where work is not necessarily prioritised above all else, and the importance of making room for natural environments so residents can experience the rhythm of the seasons. Over the years, Cittaslow has sought to prove every city has a unique personality that can be preserved and a local community that can be strengthened.
Currently there are 192 certified slow cities worldwide. Sonoma, California, was one of the most recent additions to the growing list. To be certified, Cittaslow towns must have fewer than 50,000 people.
But that is beginning to change. Pier Giorgio Oliveti, director of Cittaslow, said he has noticed a huge influx of interest from major metropolitan cities over the last five years. According to Oliveti, the technological infrastructure available in bigger cities, such as broad-reaching public transit, is a boon to those who want to simplify. One of Cittaslow’s core values is utilising today’s technological innovations to recreate the slower lifestyle of the past.
“There is no such thing as a slow city that is not also smart,” said Oliveti. “Infrastructure and technology are essential.”
Living at the third story
Although some city governments are just now catching on to Cittaslow’s ideas, individuals have been implementing slow living principles on their own for quite some time. William Powers, a senior fellow at the World Policy Institute in New York City, recently spent a year living slowly in Manhattan, a practice outlined in his new book, New Slow City. Cittaslow and Slow Food provided the foundational concepts, said Powers, for his experiment.
In order to slow down in Manhattan, Powers and his wife uncluttered their lives by giving away nearly 80 percent of their possessions and moving into a 320-square-foot apartment. He also downsized his work week by working more efficiently. Instead of facing a constant stream of consulting, writing, and public speaking, Powers assessed his income-to-time-invested and then squeezed the most strategic tasks into a two-day work week.
Living slow, says Powers, “starts with each of us creating space to … ask the core questions, like: How do we find balance in a world that is changing more quickly than ever before in history?”
During his year-long experiment, Powers used his liberated time to explore New York. As he strolled downtown, flâneur style, he developed his own slow-city principle: “living at the third story.” Every time he walked down the street he made a conscious effort to observe the sky, trees, and birds above him. He noticed that doing that helped him ignore the often-stressful commotion on the city’s ground level and instead observe the hawks stalking pigeons from the Washington Square Arch or the leaves changing on trees growing from the sidewalk.
Thanks to increased interest from citizens like Powers, the world’s biggest cities are taking steps to implement Cittaslow principles and make it easier for residents to work less, build community, and enjoy nature.
Barcelona’s mayor and the city’s chief architect have both been working with Cittaslow for years, spearheading the organisation’s new project, “Cittaslow Metropolel.” The project, geared toward bringing slow living principles to big cities, has a long list of participating cities including Busan, South Korea; San Francisco, Rome, and Milan. Barcelona’s mayor announced the city’s ambitious goal at the 13th Biennale of Architecture in Venice, saying he wants Barcelona “to be a city of productive neighbourhoods at a human pace, making up a hyperconnected city of zero emissions.”
Inspired by a lecture given by Oliveti on slow living principles, students at the Institute for Advanced Architecture of Catalonia (IAAC) were recently challenged to imagine each neighbourhood in Barcelona as a slow city, with each piece connecting as one giant “smart city.” One idea that emerged from IAAC was to transform typically underutilised urban spaces, like pedestrian bridges, as urban agriculture sites that double as green sanctuaries for citizens. More greenery means cleaner air and fresher food, and aligns with the slow principle of keeping nature within reach.
Where: Tokyo
Population: 13.4 Million
What: Voluntary Blackout
Slow Principle: Minimising Environmental Impact
Tokyo, one of the largest cities in the world, is home to its own slow living organisation called Sloth Club. Founded more than 15 years ago, the club’s mission includes minimising “our destructive impact and finding joy in our life without consuming an endless chain of meaningless things.” In admiration of the sloth’s slow style, the club also works to save sloth forest habitat in Ecuador by supporting fair-trade products from the region.
Back in Tokyo, members of Sloth Club follow principles like eating slow, supporting local businesses, upcycling (repurposing something that could have been thrown out), and walking or using public transport. One of the club’s main initiatives is a national campaign calling for residents of Tokyo to turn off electric lights for two hours in the evening during the summer and winter solstices to promote an appreciation of natural light and minimal use of electricity.
Where: Providence and Columbia
Population: 178,000 and 115,000
What: Walking School Bus
Slow Principle: Community Organising
The “walking school bus,” an original tenet of Cittaslow, is gaining popularity in places like Providence, Rhode Island, and Columbia, Missouri, where thousands of schoolchildren walk to school en masse, guided by an adult volunteer. Last year Molly Rusk wrote an article for YES! Magazine about how the trend benefits student’s health and builds strong community ties.
Where: Denver and New York
Population: 649,0000 and 8.5 Million
What: Micro-apartments
Slow Principle: Downsizing
Denver and New York are about to cut ribbons on new micro-apartment complexes, akin to the efficiency apartments that were commonplace decades ago. For people looking to slow down their routine, affordable apartments in downtown Denver and New York City give those who would normally have to commute the ability to walk or bike to their offices.
Residents of these micro-apartments save money, can spend less time working, and minimise their impact on the environment. The units, which tend to average a compact 330 square feet, include a kitchen, bathroom, balcony, and an in-house bike and car-sharing programme.
Living slow to build community
After spending a year living on the third story in New York City, Powers and his wife have moved to Bolivia and taken the slow habits they learned in one of the world’s biggest cities with them. Beyond cutting expenses and reducing the amount of hours he had to work, Powers designed his routine so he interacts with the people who live and work in his neighbourhood.
Instead of rushing past people every day, he now stops to engage with his neighbours. Of all slow city principles this is perhaps the most important one: reconnecting with your surroundings.
Powers talks about the day’s catch with the fishmonger at the restaurant below his apartment. He has become a regular fan of the jazz group that plays in the park near his house. And he has learned the names of the pigeons from the man who feeds them every day.
“Gemeinden, in denen Menschen leben, die neugierig auf die wieder gefundene Zeit sind, die reich sind an Plätzen, Theatern, Geschäften, Cafés, Restaurants, Orten voller Geist, ursprünglichen Landschaften, faszinierender Handwerkskunst, wo der Mensch noch das Langsame anerkennt, den Wechsel der Jahreszeiten, die Echtheit der Produkte und die Spontaneität der Bräuche geniesst, den Geschmack achtet …” steht für eine Bewegung, die vor 9 Jahren in Italien begann – “Cittaslow”.
Vorläufer von “Cittaslow” ist die “Slow Food” – Vereinigung, welche seit 1986 bei der Suche nach Lebensqualität am Geschmack und der Qualität der Lebensmittel ansetzt und sich gegen den Verlust an Esskultur richtet. “Slow Food” hat sich in der Zwischenzeit zu einer weltweit erfolgreichen Bewegung entwickelt.
1999 entwarfen einige Stadtverantwortliche aus dem Piemont, Toskana und Umbrien ein Programm, das den Menschen in ihren Gemeinden eine soziale Ordnung und lebenswerte Umweltbedingungen sichern sollte.
Der Funke sprang schnell über die Grenzen Norditaliens hinaus. “Cittaslow” hat sich als Bewegung zu einer “Internationalen Vereinigung lebenswerter Städte” entwickelt. Der Verbund zählt heute über 100 Städte in 12 Ländern, alle unter 50.000 Einwohner, ein Muss neben der Einhaltung eines konkreten und verifizierbaren Verhaltenskodexes.
In enger Zusammenarbeit mit “Slow Food” Luxemburg, wurde nun “Les amis du mouvement Cittaslow – LACS” gegründet. Die Vereinigung hat sich zum Ziel gesetzt luxemburgische Gemeinden zum Mitmachen bei “Cittaslow” zu gewinnen.
Im Verwaltungsrat tagen Becker Raymond, Keiffer Paul, Koemptgen Janine, Kohn Jean-Jacques und Origer Thierry.